Tool: FreiRaum

Das Plakat zeigt den Raum unter einer Straßenbrücke. Eine lineare Architektur aus grauem Beton mit schottrigem Boden. Ein paar Graffiti bringen Farbe ins Bild. Plätze wie diese gibt es viele, im ländlichen Raum, wie auch in den Städten. Diesen Ort habe ich auf dem Weg zum Speztgarter Tobel zwischen Überlingen und Aufkirch entdeckt. Besonders fasziniert hat mich der Lichteinfall. Durch einen schmalen Spalt zwischen den Fahrbahnen zeichnete das Sonnenlicht einen Streifen Helligkeit auf den Boden und den Unterbau der Brücke. Ein grafisches Licht- und Schattenspiel. Ich hatte sofort die Assoziation einer schmalen Blumenwiese auf diesem Lichtstreifen.

 

Plätze dieser Art haben den Charakter eines Unortes. Die Bedeutung und Funktion einer Brücke liegt auf ihrer Oberseite, der Fahrbahn. Der Raum darunter ist ohne Funktion und Identität und entspricht nicht unbedingt dem normüblichen Schönheitsbegriff. Für mich sind solche Orte Freiräume mit vielen nützlichen und ästhetischen Qualitäten. Ein, nach zwei Seiten offener und doch überdachter, symmetrischer Raum, der das Gefühl von Schutz und freier Natur vermittelt. Nicht selten finden hier Menschen ohne Wohnsitz eine Bleibe. Ein Lebensraum im Freien, der sich dem Blick der Anderen entzieht. Ein bisschen Privatsphäre in urbaner Kulisse. Das Grau des Betons wirkt wie ein neutraler Untergrund, der für Gestaltungsmöglichkeiten aller Art bereit ist. Das erkennen auch die Sprayer, die hier unbeobachtet ans Werk gehen. Selbstverständlich wird der Freiraum unter Brücken auch legal genutzt. Es gibt Parkplätze, Schutzraum für Material oder bei hohen Brücken, deren Stützpfeiler wie die Säulen einer Kathedrale wirken, auch Schrebergärten mit Gartenhäuschen. In den letzten Jahren wurden diese Plätze zunehmend zu Skateanlagen und Spielplätzen umgestaltet und innovative Architekten, Stadtplaner und Designer sinnieren nach immer neuen Möglichkeiten der urbanen Nutzung.

 

Auf unserem Plakat steht der Raum unter der Brücke stellvertretend für alle Orte, die Freiraum bieten, - verlassene Orte, Brachen, Unterführungen oder Wildwuchs-Nischen die keinem Zwecke dienen und darum zum Gestaltungs- und Aktionsraum werden können.

 

Die Arbeit „ DASS NICHT NICHTS IST - Nimm den Teppich und fliege!“ ist ein Ideen- und Gedankenspiel, das Impulse zu einem positiven Umgang mit Realitäten und veränderten Herangehensweisen im Alltäglichen sammelt. Die auf dem Projektplakat abgebildeten Elemente sind TOOLS, also Werkzeuge die genutzt werden im aktiven Tun, wie auch in Gedankenräumen, um veränderte Perspektiven und Standpunkte auszuloten. Durch das Einnehmen einer anderen Position, eines ungewohnten Blickwinkels oder aktivem Handeln, kann Zukunft neu gedacht und gestaltet werden. Der Blog stellt die TOOLS vor und zeigt Text und Bildmaterial, das im Umgang mit ihnen entstanden ist.