Tool: Teppich

 

Er liegt bei mir im Eingangsbereich und dient als Schmutz- und Nässebrücke um die Schuhe auf ihm abzustreifen. Er ist ein Übergangsobjekt zwischen Draussen und Drinnen.

 

Bunt ist er. Von Hand gewoben. Manchmal beschleicht mich ein schlechtes Gewissen, da ich mich beim Kauf nicht informiert hatte, wer ihn gearbeitet hat. Ich hoffe der Hersteller oder die Herstellerin wurde gut entlohnt und es waren keine Kinderhände beteiligt. Er ist schon lange bei mir. Heute würde ich beim Kauf darauf acht geben. Seine Farbigkeit gefällt mir. Er ist aus unterschiiedlichen Stoffresten in Streifen gerissen gewebt.

 

Ich habe ihn fotografiert und aus seinem Umfeld freigestellt. Als Fotografie, herausgelöst aus seinem Alltagsgebrauch sieht man ihm seine Profanität nicht mehr an. Das erstaunt mich. Was es doch ausmacht, ihn aus dem Kontext zu lösen? Auf einmal ist er frei – der Teppich. Frei für Assoziationen, Gedanken, Träume und Illusionen. Er beginnt zu schweben.

 

Aus Märchen vergangenerer Zeit und weit entfernt liegenden Ländern habe ich von ihm schon als Kind gehört – dem fliegenden Teppich! Ein schwebendes, geräuschloses und emisionsfreies Transportmittel, eine durch und durch utopische Erfindung. Man kann mit ihm Grenzen überwinden, sich imaginär an einen anderen Ort versetzen oder im Nichts verschwinden. Er hebt mich traumgleich aus der Realität und beflügelt mich. Mit ihm überwinde ich alle Beschränkungen meines Daseins, beame mich in Zeiten und Räume paradiesischer Vorstellungen.

 

Ich könnte auch eine moderne VR-Brille aufsetzen, etwas neues erfinden und mich virtuell neu erschaffen.

 

Mir genügt jedoch mein Teppich. Ich kann ihn jederzeit einrollen mitnehmen und an einem anderen Ort ausrollen und darauf meinen Gedanken und Träumen freien Raum lassen. Ich kann auch jemanden zum nächsten Flug einladen – mal sehen!

 

 

Die Arbeit „ DASS NICHT NICHTS IST - Nimm den Teppich und fliege!“ ist ein Ideen- und Gedankenspiel, das Impulse zu einem positiven Umgang mit Realitäten und veränderten Herangehensweisen im Alltäglichen sammelt. Die auf dem Projektplakat abgebildeten Elemente sind TOOLS, also Werkzeuge die genutzt werden im aktiven Tun, wie auch in Gedankenräumen, um veränderte Perspektiven und Standpunkte auszuloten. Durch das Einnehmen einer anderen Position, eines ungewohnten Blickwinkels oder aktivem Handeln, kann Zukunft neu gedacht und gestaltet werden. Der Blog stellt die TOOLS vor und zeigt Text und Bildmaterial, das im Umgang mit ihnen entstanden ist.